Wenn Frau Holle ihr Kissen schüttelt, dann wird die Welt mit einer dicken Schneedecke überzogen. Und wer sich in ihrer Welt tugendhaft und fleißig zeigt, der wird von ihr reich belohnt. Darüber hinaus hat die Märchengestalt noch weitere faszinierende Eigenschaften, die erkundet werden wollen. Am Frau-Holle-Teich in Hessen bietet sich eine Gelegenheit, auf den Spuren der Märchengestalt zu wandeln.
Im Volksglauben wird die Holle auch „Holda“ oder „Holla“ genannt. Den Weg von der mündlichen zur schriftlichen Überlieferungen nahmen die deutschen Sagen durch die Brüder Jakob (1785–1863) und Wilhelm Grimm (1786–1859). Ihre Kinder- und Hausmärchen erschienen zwischen den Jahren 1812 und 1863 und erfreuen seitdem Leser in aller Welt.
Frau Holle als Hüterin des Fleißes
Das Märchen beginnt mit einem die Handlung in Gang setzenden Konflikt. Eine Witwe lebt mit zwei Töchtern zusammen, von denen nur eine ihre leibliche Tochter ist und bevorzugt wird. Als die Stieftochter sich gerade die Finger am Rande eines Brunnes sitzend, blutig spinnt, fällt ihre Spindel hinab. Sie riskiert ihr Leben und springt in den Brunnen. In eine andere Welt versetzt, trifft sie auf eine alte Frau. Diese nimmt sie unter der Bedingung auf, dass sie den Haushalt ordentlich führt und regelmäßig die Betten aufschüttelt. Dies erledigt das Mädchen tadellos und so wird sie am Ende ihrer Dienstzeit buchstäblich mit Gold überschüttet. Als sie dies ihrer Familie erzählt, möchte die andere Schwester ebenfalls von diesen Segnungen profitieren, wird aber aufgrund ihrer Faulheit nur mit Pech belohnt. Wer das Märchen liest, wird diese Sanktionierung vielleicht kritisch betrachten, wird doch das folgsame Mädchen belohnt, während die faule Tochter hart bestraft wird.
Frau Holle- eine Göttin?
Jakob Grimm war – wie viele andere in seiner Zeit- der Ansicht, dass die überlieferten Geschichten und Bräuche seiner Zeit beredte Zeugen von vergessenen religiösen Bräuchen waren. Obwohl die Forschung die Methode, von aktuellen Bräuchen auf die Vergangenheit zu schließen, kritisch sieht, gibt es dennoch einige interessante Parallelen. Die in Mitteldeutschland zu findende Frau Holle und die im Brauchtum Süddeutschlands zu findende Perchte haben ein strenges Auge auf zu erledigende Spinnaufgaben und schätzen Faulheit nicht. Ein weiterer Aspekt ist, dass sie während der Zeit der Rauhnächte (meist die Zeit zwischen dem 25. Dezember und dem 06. Januar) , diejenigen bestrafen, die bestimmte Verbote nicht beachten. Auch gilt sie auch in den Sagen um den Hohen Meißner als Mitglied der Geisterschar der Wilden Jagd. Als Gefährtin des Gottes Wodan könnte auch sie von göttlicher Natur sein. Betrachtet man alle Sagen, auch die im hessischen Raum, so kann man Holle als eine Wesenheit betrachten, die auf der einen Seite bedrohlich, auf der anderen Seite hilfreich und mütterlich ist.
Der Frau-Holle-Teich als Ort vieler Sagen
Der sagenumwobene Teich liegt im Geo-Naturpark Frau-Holle-Land, in 620 Meter Höhe an der östlichen Seite des Hohen Meißners. Die über drei Meter hohe Statue der Frau Holle wurde von Viktor Donhauser aus einem ganzen Ulmenstamm erschaffen und im Jahre 2004 aufgestellt. Man erzählt sich, dass sich manche über die wohlgeformte Dame echauffierten. Diese sollte aus Respekt vor ihrem Mythos nur vom Ufer aus betrachtet und nicht angefasst werden. Dass der Ort auf die Menschen auch eine religiöse Bedeutung hat, belegen Münzfunde vor 2000 Jahren sowie die Niederlegung von Blumen in der Nähe der Statue. Wer die Heimat der Frau Holle selbst erleben will, hat die Möglichkeit, auf dem P1-Wanderweg wichtige Orte der Sage zu entdecken.
Weitere Sehenswürdigkeiten in der Nähe
- die Hollsteine
- die Kitzkammer
- Frau-Holle-Stuhl
- die Deutsche Märchenstraße
- Burg Ludwigstein
Auf der offiziellen Tourismus-Webseite der Region werden zudem geführte Touren angeboten, bei denen Besucher mehr über Frau Holle und ihre Sagenorte erfahren können.
Titelfoto: Marco Lenarduzzi