Die Hohe Küste liegt in der Provinz Västernorrland in Schweden, zwischen den Städten Härnösand und Örnsköldsvik. Aufgrund ihrer ungewöhnlichen Landschaft zählt die Region zu den UNESCO-Welterbestätten. Einzigartig ist, dass sich die Küste pro Jahr einen Zentimeter aus dem Meer erhebt. Somit gehört das Gebiet zu den größten Landerhebungen weltweit. Die beliebtesten Orte dort sind beispielsweise die Hängebrücke Högakustenbron oder der Skuleskogen Nationalpark.
Die Hohe Küste: die Landhebung Nordschwedens
In der letzten Eiszeit (vor rund 9600 Jahren) war die Hohe Küste mit einer massiven Schicht Inlandeis bedeckt, was die Erdkruste darunter zusammendrückte. Als das Inlandeis schmolz, dehnte sich die Erde darunter wieder aus, was auch heute noch dazu führt, dass sich die Landschaft kontinuierlich aus dem Meer erhebt. Für Freunde der Frühgeschichte ist dieser Umstand besonders interessant. Fundstellen aus der Steinzeit und aus der Bronzezeit liegen heutzutage natürlich höher als zu früheren Zeiten. Ein weiteres Beispiel für Landhebungen in Skandinavien ist der Handelsplatz Birka auf der Insel Björkö bei Stockholm.
Hohe Küste: Der Skuleskogen Nationalpark
Es ist nicht übertrieben, den 3062 Hektar großen Nationalpark an der Hohen Küste als einen der schönsten Schwedens zu bezeichnen, bezaubert er doch durch ein absolut abwechslungsreiches Landschaftsbild. Der Besucher wandert durch urige Wälder, klettert mitunter an Felsen empor und verweilt staunend bei plätschernden Quellen oder Wasserfällen. Zu früheren Zeiten war der sagenumwobene Ort von durchreisenden Händlern gefürchtet, da Trolle und andere Fabelwesen dort leben sollten. Auch Räubern und Ausgestoßenen bot das Gebiet Unterschlupf. Da ist es nicht verwunderlich, dass Teile des Astrid Lindgren-Films Ronja Räubertochter dort gedreht wurden. Heute führt der rund 40 Kilometer lange Höga-Kusten-Wanderweg durch einen Teil des Naturschutzgebiets, das die Fantasie anregt. Viele Sehenswürdigkeiten liegen am Wegesrand. Eine davon ist das Klapperstensfält, eine riesige Lichtung mit vom Meer rundgeschliffenen Steinen. Dies ist inzwischen rund 9000 Jahre her und das steinige Feld liegt nun viele Meter über dem Meeresspiegel. Die Steine sind von Moos und Flechten bewachsen und dienen als Sonnenplatz für Kreuzottern.
Er und ein anderer Wanderweg leiten zu einer der größten Sehenswürdigkeiten des Parks, zur Slåttdalsskrevan. Die sieben Meter breite und 200 Meter lange Schlucht bietet einen beeindruckenden Anblick. Wer sie erreicht hat, kann sich in ein Gästebuch eintragen, das sich in einem Kasten vor der Treppe befindet. Bevor man dem Wanderweg durch die Schlucht folgt, bietet es sich an, die roten Granitfelsen Felsen an der Seite zu erklimmen, denn der Anblick auf die Ostsee ist die Anstrengung wert. Der Weg durch die Schlucht ist kein einfaches Terrain, denn der Boden ist sehr uneben. Aus diesem Grund sollten sich Urlauber etwas Zeit nehmen, denn man muss sich schon etwas konzentrieren, um nicht zu stürzen oder mit dem Fuß umzuknicken.
Der See Tärnättvattnen im Skuleskogen Nationalpark
Nachdem der tapfere Wanderer die Schlucht durchquert hat, geht es auf den wunderschönen, aber steinigen Wegen wieder bergab. Auch hier bietet sich erneut ein pittoresker Anblick auf die nicht weit entfernte Ostsee, die alle Mühen vergessen lässt. Der gelbe Wanderweg leitet zum See Tärnättvattnen. Dort steht eine Hütte, in der bis zu vier Personen kostenfrei übernachten können. Eine Axt, Holz und ein Ofen zum Kochen sind dort ebenfalls verfügbar. Auch ist es möglich, sein Zelt am Ufer des Sees aufzuschlagen und den Grillplatz zu nutzen. Bei der Nutzung der sanitären Anlagen ist es ratsam, nachts eine Taschenlampe zu nutzen, denn in den Sommermonaten sind viele Kröten unterwegs. Da die Wanderung zur und durch die Schlucht auch für erfahrene Wanderer durchaus anstrengend ist, bietet sich der malerische Ort für eine Übernachtung an.
Spuren früherer Bewohner im Skuleskogen Nationalpark
Wer nach einer Übernachtung am See abseits des Höga-Kusten-Wanderwegs Richtung Küste läuft, entdeckt auf seinem Weg Spuren der Menschen, die in der Bronzezeit im Gebiet siedelten. Am Fuße des Weges liegt eine Röse, ein aus Steinen aufgeschichteter Grabhügel. Zu dieser Zeit begannen die Menschen, ihre Toten auf diese Weise zu bestatten. Die Gräber errichteten die frühen Bewohner direkt an der Küstenlinie, wo sie auch jagten und fischten. Vermutet wird, dass die Menschen Fremden, die über das Meer kamen, signalisieren wollten, dass dieses Land bewohnt war. Heute liegen diese Gräber aufgrund der postglazialen Landhebung rund 30 bis 50 Meter über dem Meeresspiegel, in den Wäldern zwischen Näskefjärden und Kälsviken. Auch 8000 Jahre alte Wohnstätten wurden in der Region archäologisch erschlossen.
Dos and Don’ts im Nationalpark
Der Skuleskogen Nationalpark beeindruckt nicht nur durch seine urige und atemberaubende Landschaft, sondern auch durch seinen Reichtum an verschiedenen Tier- und Pflanzenarten. So leben dort auch Bären, Luchse oder Elche. Damit der Park für alle erhalten bleibt, müssen sich die Besucher des Parks natürlich auch an Regeln halten, so zum Beispiel an folgende:
- Campen dürfen Besucher nur an ausgewählten Plätzen und dies nicht länger als drei Nächte.
- Fischen und Jagen ist verboten.
- Angeleinte Hunde dürfen ihre Besitzer in den Park begleiten.
- Pilze, Flechten, Pflanzen oder Tiere dürfen natürlich nicht mitgenommen werden.
Wichtig ist auch, dass die Hütten ordentlich hinterlassen werden und Wanderer auch daran denken, ihren Müll mitzunehmen. Aufgrund der Trockenheit der letzten Jahre ist es absolut untersagt, abseits der Grillplätze Feuer zu machen.
Skuleskogen Nationalpark – Tipps für einen gelungenen Aufenthalt
Der Skuleskogen Nationalpark ist auf manchen Strecken herausfordernd für Urlauber, die nicht regelmäßig wandern. Bequeme Wanderschuhe mit gutem Grip sind daher sehr zu empfehlen. Wichtig ist, genug Proviant für Mensch und Tier dabei zu haben. Das Wasser im Tärnnättvatten ist kein Trinkwasser, kann aber abgekocht werden. Es schmeckt aber nicht wirklich gut. 😉 Wer eine Nacht im Park verbringen möchte, sollte auch ein Zelt und Schlafsäcke mit sich führen.
Erlebnis-Tipp: Die Hohe Küste liegt für eine andauernde Mitternachtssonne eigentlich nicht nördlich genug. Dennoch geht die Sonne im Juni nur ungefähr eine Stunde unter, sodass im Skuleskogen um Mitternacht nur ein eigenartiges Zwielicht herrscht, das eine Nachtwanderung ohne Straucheln ermöglicht.
Wer mehr Informationen benötigt, bekommt diese im naturum, dem Höga Kusten World Heritage Center, das sich rund zehn Kilometer vom Skuleskogen entfernt befindet. Eine Karte mit allen Wanderwegen ist entweder an den verschiedenen Eingängen des Parks oder in der Touristeninformation am Hotel Höga Kusten erhältlich. Dort befindet sich auch eine weitere Sehenswürdigkeit der Region – die Högakustenbron.
Högakustenbron – die schwedische Golden-Gate-Bridge
Die rund 1867 Meter lange Brücke in Kramfors erstreckt sich über den Ångermanälven und ist das zweithöchste Gebäude in Schweden. Das zur E4 gehörende Bauwerk wurde im Jahre 1997 eröffnet. Der Parkplatz vor dem Hotel ist ideal, wenn Reisende eine Pause einlegen wollen, denn das steinige Plateau bietet Gelegenheit für ein Picknick sowie eine ausgezeichnete Aussicht auf die berühmte Brücke und den Fluss.
Der Wasserfall im Västanöfallet Naturschutzgebiet
Das Västanåfall Naturreservat gehört zur Kommune Härnösand und ist mit einer Größe von rund sieben Hektar sicherlich etwas kleiner als der Skuleskogen Nationalpark, aber dort befindet sich der zweitgrößte Wasserfall Schwedens. Er entspringt dem ungefähr vier Kilometer entfernt liegendem Eksjö. Besonders stark fließt er während des Frühlings. Der Wasserfall ist über Jahre hinweg ein beliebtes Ausflugsziel und der Grund für die Entstehung des Naturschutzgebietes gewesen. Zu früheren Zeiten diente seine Wasserkraft der Eisenindustrie der näheren Umgebung. In der Nähe des Wasserfalls befinden sich zudem noch zwei Mühlsteine einer alten Mühle. Im Västanåfallet Natur & Kulturcentrum erfahren Besucher mehr über die Natur des Reservats.
Surströmming – eine Spezialität der Hohen Küste
Als Surströmming bezeichnet man auf besondere Art und Weise zubereiteten Hering. Grob übersetzt heißt die fragwürdige Speise „saurer Hering“. Der Geruch wird als sehr intensiv und faulig beschrieben. In Nordschweden gehörte der Fisch lange zum Alltag. Verwendet werden dafür Heringe aus der Ostsee, die im Frühling gefangen und nach ihrem Ableben in Salzlake eingelegt werden. Mit Hilfe von Milchsäurebakterien wird ein Gärprozess angestoßen. Einen Monat vor Verkauf wird der gammelige Fisch in Dosen umgefüllt, wo der Prozess fortgeführt wird. Dies erkennt man daran, dass sich der Deckel der Dose leicht wölbt.
Sürströmming kann auf viele Arten verspeist werden. Eine Variante ist schwedisches Tunnbröd mit Kartoffeln, Zwiebeln, saurer Sahne und Tomaten. Die Saison beginnt in der Regel am dritten Donnerstag im Monat August in der Stadt Alfta. Die Stadt liegt südwestlich, rund 180 Kilometer von Sundsvall entfernt. Dort wird die neue Saison mit einer großen Festlichkeit begrüßt. Es wird übrigens empfohlen, die Dose mit dem Fisch nur unter freiem Himmel zu öffnen und auf keinen Fall im Auto zu transportieren. Der Wert des Fahrzeugs schwindet rapide, sollte die Dose mit dem Urlaubsmitbringsel darin platzen. 😉
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Titelfoto: Carsten Dahlmann
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